Von der Hauptschule in den Bundestag: Takis Mehmet Ali (SPD) besuchte die Werkrealschule
28. November 2022

Besuch Takis Mehmet Ali

Der Funke sprang schnell über: Zunächst verhalten, dann mutiger, brachten sich die diesjährigen Abschlussschülerinnen und -schüler mit ihren Anliegen ein. Eine Frage klärte sich sehr schnell: Wieso sich ein Politiker die Zeit für Teenager einer Werkrealschule nimmt – und was er sich davon erhofft. Interessiert erfuhren die Jugendlichen, dass Mehmet Ali selbst eine Hauptschule in der Nähe von Düsseldorf besuchte und mit seinem Traum, Staatsanwalt zu werden, nur müde belächelt oder gar abgewiesen wurde. Der Abgeordnete ermutigte durch das Erzählen seiner Biografie, einen Berufswunsch konsequent zu verfolgen und sich nicht von vorgefestigten Vorstellungen, welche Berufe für Werkrealschüler in Frage kommen, festlegen zu lassen. Aus einem Arbeiterghetto im Ruhrgebiet stammend besuchte er eine Schule mit hohem Migrationsanteil – die Deutschen in der Minderheit. Trotzdem ließ er sein Studienziel nicht aus den Augen und sei im Augenblick „am Promovieren im sozialmedizinischen Bereich“.  Dazu kommt: Er ist ein vielbeschäftigter Abgeordneter, der seinen Wahlkreis alle zwei Wochen besucht und sich der Probleme seines Bezirkes durch zahlreiche Termine annimmt. „Der Kalender bestimmt meinen Rhythmus!“ Ob denn da noch Zeit für die Familie bliebe? Mehmet Ali lächelt und erklärt, er sei Single und seine Eltern sehe er regelmäßig.

Ein hohes Einkommen sei jedenfalls nicht die Motivation für den jungen Politiker, jede Woche zwischen Badenweiler und Berlin zu pendeln. Die Teenager ließen sich vorrechnen, dass von den Diäten und Entschädigungen nach Abzug aller Kosten nicht viel übrigbleibt. „Für das Geld würde ich den Job nicht machen“, meinte anschließend eine Zehntklässlerin. Die Jugendlichen erfuhren auch, dass Takis Mehmet Ali sein Engagement im Ausschuss für Arbeit und Soziales – der „Herzkammerausschuss“ der SPD – ungeheuer wichtig sei und er dafür bei gegenteiliger Meinungsäußerung auch Schelte aushalte oder als Deutsch-Grieche rassistische Anfeindungen und Beschimpfungen bei Einsätzen auf Marktplätzen in Kauf nehme.

Spannend fanden die Neunt- und Zehntklässler, als er Olaf Scholz beschreiben sollte. Vielleicht hatten sie etwas Anderes erwartet als das, was der Abgeordnete berichtete: Bis tief in die Nacht gehen manche Sitzungen der SPD und da sitze der Bundeskanzler ohne Sakko bei einem Bier mit dabei und lockere die Sitzungen mit seinem „trockenen Humor“ auf. Mehmet Ali schätzt an ihm, dass er stets lange überlege, bevor er sich zu einem kniffligen Thema äußere. Humor sei eine wichtige Eigenschaften eines Politiker. Außerdem brauche er Struktur, müsse Flagge zeigen können und stressresilient sein. Wichtig sei auch eine gewisse Fehlertoleranz sich selbst und anderen gegenüber. Für ihn sei das absolute „No-Go“, wenn er immer wieder von Kollegen höre: „Wir sind dafür nicht zuständig!“ und konstruktive Arbeit so verhindert werde, denn: „Politiker sind für alles zuständig.“

Die Teenager wurden zusehends mutiger in ihren Fragestellungen. Im Anschluss äußerten sie sich erstaunt darüber, dass er in seinem jungen Alter fähig sei, von einer speziellen Frage zu einer Aussage von globalem Interesse, auch Schülerinteresse, zu gelangen. Eine Schülerin meinte, wahrscheinlich sei er ein „zielgerichteter Vielredner“, der so etwas können müsse. Bleiben wird ihnen zum einen ein nachhaltiges Unverständnis über die teilweise rassistisch motivierten Hassnachrichten, die ein sozial engagierter Politiker erhält, zum anderen aber Dankbarkeit dafür, dass sich „so jemand“ so viel Zeit für sie genommen hat.

Claudia König
Redaktion