Eintritt nicht für Jedermann - Klassenzimmertheater in der Fabrik
15. März 2022

Theater Steppenwolf

„Was habt ihr gesehen?“ Mit dieser Frage eröffnet Thorsten Kreilos, künstlerischer Leiter des THEATERmobileSPIELE aus Karlsruhe, das Nachgespräch zur Aufführung von Hermann Hesses Steppenwolf vergangenen Mittwoch in der Fabrik. Für sein Format des Klassenzimmertheaters hat er die 220 Seiten des Romans auf einen Ausschnitt von einer Stunde verkürzt, die Dramaturgie des Stücks zusammen mit Profischauspieler Julian W. Koenig entwickelt und eine Kulisse entworfen, die in einem Kleintransporter Platz findet, denn die Produktion gastiert in Gymnasien überall in Baden-Württemberg.  

Und zu sehen gab es einiges während der einstündigen Vorstellung: nur zwei Meter vom Geschehen auf der Bühne entfernt folgten die Schüler Hesses Protagonisten Harry Haller auf seiner Suche nach der eigenen Identität. Der einsame Wolf der Großstadt lernt auf seinem Weg die schillernde Welt der 20er Jahre und gleichzeitig die Vielfältigkeit der eigenen Persönlichkeit kennen. In den Spiegeln des Magischen Theaters am Ende werden schließlich in der Kulisse neben dem Profischauspieler auch die ZuschauerInnen sichtbar und damit auf besondere Weise in die Suche und die Handlung integriert.  

„Warum ausgerechnet Hesse??“, war die mutig laut ausgesprochene Frage vermutlich nicht nur eines Schülers.  

Ausgerechnet Hesse, weil wahrscheinlich die Suche nach der eigenen Identität, dem eigenen Selbst und das Streunen durch die Welt nicht nur eines von Hesses, sondern von mehr oder minder Jedermanns zentralen Themen ist. Und wie Hesses Romanfigur Harry Haller könnte es ein Weg sein, über sich und das eigene Schicksal lachen zu lernen.   

Dem besonderen Format des Klassenzimmertheaters gelang es durch die besondere Aufführungssituation auch dieses Mal, den gewohnten funktionalen Alltagsraum der SchülerInnen mit neuen Blickwinkeln nicht nur auf die Abiturlektüre, sondern auch auf die Welt aufzuladen und das Klassenzimmer in einen fiktionalen Raum zu verwandeln und als einen möglichen Ort für Geschichte(n) „erscheinen“ zu lassen.  

Wie schon so häufig in den vergangenen zehn Jahren, seit die mobilen Spiele das erste Mal das Theater das erste Mal zu uns auf den Schulcampus gebracht haben, haben wir auch in diesem Jahr den Besuch THEATERmobileSPIELE in vielerlei Hinsicht als große Bereicherung erlebt und freuen uns auf ein hoffentlich baldiges Wiedersehen! 

Anneke Conradt